Praxis- oder Selbstmessung? Beim Blutdruck ist’s die Kombi!
Ein unzureichend kontrollierter Blutdruck lässt sich stärker senken, wenn Ärzte die Therapieanpassung nicht nur auf der Basis von Praxis-, sondern auch von regelmäßigen Selbstmessungen des Patienten vornehmen.
Von Beate Schumacher
OXFORD. Viele Ärzte berücksichtigen bei Behandlungsentscheidungen in der Hochdrucktherapie auch Blutdruckwerte, die die Patienten selbst ermitteln. Der Nutzen dieser Vorgehensweise wird nun durch eine randomisierte kontrollierte Studie bestätigt: Nach einem Jahr war der Blutdruck besser eingestellt als bei Patienten, deren Therapie nur anhand von Praxismessungen nachjustiert wurde (Lancet 2018; 391: 949–959) .
An der Studie waren 1182 Patienten beteiligt, die trotz medikamentöser Therapie einen Blutdruck über 140/90 mmHg hatten . Sie wurden drei Gruppen zugeteilt: mit Selbstkontrollen , mit Selbstkontrollen plus Telemonitoring oder mit der üblichen Versorgung mit Praxismessungen . Die Patienten, mittleres Alter 66 Jahre, wiesen einen Blutdruck von 153,1/85,5 mmHg auf. 85 Prozent beendeten die Studie planmäßig nach einem Jahr, die Ausfallquote war in den Interventionsgruppen mit 17 Prozent etwas höher als in der Kontrollgruppe mit zwölf Prozent.
Der systolische Druck nach zwölf Monaten, der als primärer Studienendpunkt definiert war, betrug mit Selbstmessungen 137,0 mmHg, mit zusätzlichem Telemonitoring 136,0 mmHg und mit dem Standardvorgehen 140,4 mmHg. Bereinigt hatten Patienten mit Selbst- beziehungsweise Telemonitoring einen um 3,5 beziehungsweise 4,7 mmHg und damit statistisch signifikant niedrigeren systolischen Druck als die Kontrollpatienten; zwischen alleinigen Selbstkontrollen und zusätzlichem Telemonitoring zeigte sich dagegen keine signifikante Differenz.
Mit Telemonitoring wurde die stärkere Blutdrucksenkung jedoch etwas schneller erreicht als mit Selbstmessungen allein, der Unterschied zur Kontrollgruppe war hier schon nach sechs Monaten signifikant.
Die Überlegenheit der Selbstmessungen mit und ohne Teleüberwachung nach einem Jahr war in allen Patientengruppen zu beobachten, unabhängig von Geschlecht, Alter, Blutdruckziel oder kardiovaskulären Vorerkrankungen.
Ausschlaggebend für die niedrigeren Drücke in den Interventionsgruppen war offenbar eine stärkere Intensivierung der Pharmakotherapie: Im Vergleich zur Kontrollgruppe wurden 0,11 (Selbstkontrollen) beziehungsweise 0,13 (Telemonitoring) zusätzliche Medikamente mehr verordnet. Auf die Therapieadhärenz oder andere nichtpharmakologische Parameter hatten die Selbstkontrollen dagegen keine Auswirkungen.
Auch hinsichtlich der Nebenwirkungen ließen sich keine Unterschiede feststellen. Die Selbstmessungen führten auch nicht zu mehr Ängsten bei den Patienten. Die Zahl der Hausarztbesuche nahm ebenfalls nicht zu.
Der Erfolg der Selbstkontrollen zur Therapietitration zeigt nach Ansicht der Autoren, dass die Technologie reif sei für einen breiteren Einsatz: „Hausärzte sollten selbst gemessene Werte in die Titration von Blutdruckmedikamenten mit einbeziehen“, fordern Richard McManus von der Uni Oxford und seine Kollegen. Das Ziel für die häuslichen Messungen müsse allerdings 5 mmHg unter den anzustrebenden Zielwerten liegen. Zwei frühere Studien zu Selbstmessungen zum Zweck der Therapieanpassung hatten dies nicht beachtet – und in den Gruppen mit Selbstmessung eine schlechtere Blutdruckeinstellung erreicht.
Hausärzte sollten selbst gemessene Werte in die Titration von Blutdruckmedikamenten mit einbeziehen.
Richard McManus und Kollegen Universität Oxford